47. Nordische Filmtage LübeckElegie statt Exzess at the EdgeFactotum (Bent Hamer, NOR 2005)Ich habe Bukowski immer gerne gelesen, aber ich bin kein Bukowski-Schüler, sagt Bent Hamer im Interview vor der Preview seiner Verfilmung von Charles Bukowskis Roman Factotum bei den Nordischen Filmtagen. Es ist immer einfach, den Mythos und die Klischees zu verlängern, so Hamer weiter. Worauf es ihm aber eigentlich angekommen sei: Empathie für Menschen, living at the edge. Empathie fürs Elend, nicht nur den Exzess: Regisseur Bent Hamer (Foto: jm) Gesagt und auch genauso in Szene gesetzt. Wer bei einer Bukowski-Verfilmung Sex and Drugs und den RocknRoll des Beat-Poeten erwartet, jenen Romantizsimus, der den selbstzerstörerischen Exzess aus Alkohol, Nikotin, Sex und Schreibmaschine verklärt, den enttäuschen Hamer und seine hervorragend zurückhaltend agierenden Hauptdarsteller Matt Dillon als Bukowski-Alter-Ego Hank Chinaski und Lili Taylor als seine Geliebte Jan. Als Autor, der einfach nur sein Leben aufschreibt, unverhohlen und so dreckig, wie es sich ereignet, wurde Bukowski berühmt. Doch solcher Kurzschluss zwischen Autor und seinen Figuren, eine Falle, in die auch der Film hätte tappen können, gilt schon bei Bukowski nicht wirklich. Wenn man so genau hinschaut wie Hamer, wird die ironische Distanz deutlich, die der Autor mit seinem Werk nicht zuletzt und das als Lebensrettung auch zu sich aufbaut. Humor ist, wenn man trotzdem trinkt: Matt Dillon als Hank Chinaski (Foto: NFL) Da aber Humor ist, wenn man trotzdem lacht, Bukowski gerade darin ein Meister ist und Hamer, wie zuletzt Kitchen Stories zeigte, nicht minder, ist der Film dennoch kein Protokoll eines Verfalls, sondern voll von komödiantischem Esprit. Köstlich und ebenso symbolisch etwa, wenn Chinaski die wirkliche Uhrzeit aus dem Stand einer Uhr, die jede Stunde 35 Minuten vorgeht, ausrechnet. Matt Dillon ist nicht nur in solchen Szenen ganz groß, indem er sich klein macht. Wie der Autor, der nur im Text das wirkliche Großmaul sein kann. Und es wird ganz viel geschwiegen in Factotum. Words are not precious but necessary, sagt Bukowski/Chinaski. Für Hamers naturalistisch belichtete Bilder gilt dasselbe, bewusst nicht schön, weil so notwendig. |