Mehr Geld, aber ein bisschen komplizierter

Die Filmförderung Hamburg / Schleswig-Holstein stellte in Kiel neue Fördermodalitäten vor.

Mit Spannung erwarteten die schleswig-holsteinischen Film- und Medienschaffenden das Info-Treffen am 20. August 2007 in der Kieler Pumpe, wo die seit dem 11. Juli 2007 offiziell gemeinsam firmierende Filmförderung Hamburg / Schleswig-Holstein GmbH (FFHSH) die neuen Fördermodalitäten vorstellte. Mit Spannung deshalb, weil lange die Gerüchteküche gebrodelt hatte, wieviel in welchem Fördertopf zur Verfügung stehen würde – vielleicht in manchem auch weniger bis gar nichts mehr ...?

Die Geschäftsführerin der FFHSH Eva Hubert und der Leiter deren Kieler „Ablegers“, der Filmwerkstatt Kiel, Bernd-Günther Nahm sowie die Förderberatungsspezialistinnen Katrin Mersmann und Sybille Consten aus dem Hamburger Team konnten Befürchtungen zunächst einmal zerstreuen, auch wenn die Filmförderlandschaft nach der Fusion zwischen Elbe und Flensburger Förde ein bisschen komplizierter geworden ist.

Informierten über neue Fördermodalitäten der FFHSH: v.l.: Katrin Mersmann, Bernd-Günther Nahm, Eva Hubert, Sybille Consten (Foto: jm)

Der große Topf und die „Töpfchen“

Zunächst zu den nackten Zahlen, deren Interpretation freilich im Detail zuweilen Ansichtssache ist. Insgesamt stehen der FFHSH 8,35 Mio. EUR zur Verfügung, enthaltend die Förder- und die Betriebsmittel. Das wohl wesentlichste Plus dieses Topfes im Vergleich zu den früheren Förderungen durch Filmförderung Hamburg (FFHH), Kulturelle Filmförderung S.-H. (KFF) und MSH: Die Mittel sind frei (oder: freier) von Sender-Bindung, in diesem Sinne ist die neue Förderung endlich eine wirkliche Filmförderung, keine Fernsehförderung. Wobei es für die Sender, namentlich den NDR, noch die ein oder andere Hintertür gibt. So fließen zwar 750.000 EUR als freie Mittel vom NDR in den Topf, andererseits sind bereits ca. 450.000 EUR für den Kieler „Tatort“ „reserviert“. Ebenso können TV-Produktionen gefördert werden, „wenn sie Event-Charakter haben und/oder eine Chance für Auslandsverwertung besteht“ – was das genau bedeutet, soll noch in den Förderrichtlinien präzisiert werden. Gleichwohl, so erläuterte Eva Hubert, habe der Anteil der Fernsehförderung am Gesamtfördervolumen auch früher nie über 10 bis 15% gelegen (gerechnet auf beide Länder), woran sich auch jetzt nichts ändere.

Der 8,35 Mio.-Topf setzt sich wie folgt zusammen:

  • 5,5 Mio. reine Fördermittel aus dem Hamburger Haushalt
  • 1,8 Mio. aus dem S.-H.-Haushalt sowie aus Rundfunkgebühren für Förderung und Betrieb der GmbH
  • 0,75 Mio. freie Fördermittel vom NDR
  • 0,3 Mio. für Förderung und Betrieb der Filmwerkstatt Kiel.

Im Vergleich zu den durchschnittlich jährlich ca. 150.000 EUR, die die Kulturelle Filmförderung S.-H. bislang aus Landesmitteln und Zuwendungen der ULR erhielt, hat sich der Etat für die Filmwerkstatt Kiel also fast verdoppelt. Jedoch müssen aus diesem Topf jetzt auch die Förderungen für die schleswig-holsteinischen Filmfestivals bestritten werden, ebenso die Unterstützung der LAG Jugend und Film. Bernd-Günther Nahm rechnet nach Abzug dieser Mittel mit ca. 190.000 EUR, die für den Betrieb der Filmwerkstatt und reine Filmförderung durch die Filmwerkstatt übrig bleiben, immerhin 40.000 mehr als bislang.

Aufgabenteilung bei der Förderung

Die Fördermittel werden (bis auf die von der Filmwerkstatt Kiel vergebenen) von zwei Gremien verteilt, die jeweils dreimal im Jahr (bisher gab es nur zwei Förderperioden pro Jahr – auch hier also ein gewisses Plus für die Filmemacher) tagen. Gremium 1 entscheidet über Förderanträge mit einem Produktionsvolumen von jeweils mehr als 800.000 EUR, sein Schwerpunkt liegt also eher bei Kinofilmen. Gremium 2 entscheidet über Anträge mit Produktionsvolumen unter 800.000 EUR. Die Gremien setzen sich in etwa so zusammen wie die bisherigen, allerdings haben jetzt die Geschäftsführer Eva Hubert und Bernd-Günther Nahm mehr Einfluss auf Förderentscheidungen, da sie jeweils in einem der Gremien einen festen Sitz haben. Die übrigen Gremiumsmitglieder sollen von ihrer Sachkompetenz her die verschiedenen Medienbereiche repräsentieren und wechseln in einem maximal dreijährigen Turnus.

Die Förderung durch die Filmwerkstatt wird durch ein von ihr selbst zu bestimmendes Gremium verteilt. In ihm hat (anders als bisher) der Leiter der Kieler Filmwerkstatt, Bernd-Günther Nahm, einen festen Sitz. Die weiteren Gremiumsmitglieder werden nach Kriterien wie bisher ausgewählt. Das Kieler Gremium muss durch die FFHSH „abgesegnet“ werden, was aber, so Eva Hubert, lediglich ein gesellschaftsrechtlicher Verwaltungsakt sei. Die Förderung der Filmwerkstatt soll im wesentlichen „Projekte auf den Weg bringen“, wird sich also auch (nicht nur) auf die Förderung der Projektentwicklung und des Nachwuchses konzentrieren.

Für die Filmemacher entsteht so eine Art „Gretchenfrage“, bei welcher Förderung sie beantragen: Bei der „großen“ gemeinsamen oder „nur“ bei der Filmwerkstatt? Denn Förderung ist immer nur aus einem der Töpfe möglich. Dies bedeutet jedoch nicht unbedingt eine Beschränkung, denn ein Projekt kann in seinen verschiedenen Phasen mehrfach aus unterschiedlichen Töpfen gefördert werden. Bernd-Günther Nahm brachte den „Idealfall“ so aufs Podium: Projektentwicklungsförderung von der Filmwerkstatt, Produktionsförderung von der FFHSH, Vertiebsförderung wiederum von der Filmwerkstatt. Im übrigen, so versicherten alle auf dem Podium, könne man durch gezielte Beratung für jedes Projekt eine Förderung „im Konzert der Fördertöpfe maßschneidern“. Oder wie Eva Hubert es ausdrückte: „Wir vergeben nicht nur Geld, wir sind service-orientiert für die Filmemacher.“ Es scheint also so, dass die (bislang noch nicht endgültig ausformulierten) Förderrichtlinien lediglich ein Gerüst abgeben, in dem man sich nach Beratung jeweils recht flexibel bewegen kann. Näheres muss allerdings die Parxis zeigen.

Dann doch noch ein bisschen mehr Bürokratie ...

Wohl ist der „Förder-Dschungel“ ein bisschen flexibler geworden, transparenter jedoch nicht immer. So gilt es nach wie vor, die Regionaleffekte zu beachten. Angepeilt ist eine durchschnittliche Rate von 150%, das heißt für jeden Euro Fördergeld müssen 1,5 Euro in Hamburg und/oder Schleswig-Holstein ausgegeben werden. Für einzelne Projekte (gerade im Dokumentarfilmbereich) könnte dies schwierig werden. Jedoch beruhigte Eva Hubert, dass die 150% Regionaleffekt nur im Durchschnitt aller geförderten Projekte erreicht werden müssten. Man könne „zwischen Projekten ausbalancieren“, wie das auch bisher schon Usus gewesen sei.

Als „durchaus kompliziert“ wurde von manchem Filmemacher auch die Handhabung der Fördermittel als Erfolgsdarlehen kritisiert. Spielt eine Produktion innerhalb von sieben Jahren mehr ein als sie gekostet hat, so sind sie Überschüsse an die Filmförderung zurückzuführen, verbleiben dort jedoch als so genannte „Referenzmittel“ für fünf Jahre in einer Art Sparstrumpf für die nächste Produktion des Filmemachers. Die Zielrichtung solchen Modus ist klar, die FFHSH will Filmemachern einen Anreiz geben, weiter in der Region zu produzieren. Dennoch könnte der buchhalterisch-bürokratische Aufwand für solche „Rückstellungen“ recht umfangreich werden. Aber auch diese Regelung wird sicher in den demnächst erscheinenden Förderrichtlinien noch präzisiert. Und auch hier gilt das Credo: Das Papier soll nicht allzu geduldig gegenüber Nachbesserungswünschen aus der praktischen Fördererfahrung sein.

Fazit eines Außenstehenden – eine Art Kommentar

Der Autor dieser Zeilen ist selbst kein Filmemacher, aber mit der Fördermaterie durchaus vertraut. Das hat den Vorteil nach dem Bericht gleichsam kommentierend und von außen schauen und folgendes vorläufiges Fazit ziehen zu können:

Die Fusion der beiden Filmförderungen Hamburg und Schleswig-Holstein war ein langwieriger Prozess, vielleicht auch deswegen so langwierig, weil es nicht nur galt Staatsverträge zu zimmern und gesellschaftsrechtlich wasserdicht zu machen, weil es nicht nur galt zwei sehr unterschiedliche Medienlandschaften zum möglichst beiderseitigen Vorteil mit einander zu verbinden, sondern weil es auch galt, neu über die effektivste Art der Filmförderung nachzudenken. In ihrer langjährigen Zusammenarbeit, lange bevor es Fusionspläne aus der Politik gab, haben die FFHH, die KFF und die MSH bereits über die Tellerränder ihrer jeweiligen Fördertöpfe geschaut und damit letztlich die Grundlage für die Fusion, die nun hoffentlich weiter Synergieeffekte ergibt, geschaffen. Immerhin 17 Projekte hat die FFHH vor der Fusion gemeinsam mit der KFF gefördert, bei weiteren 14 Projekten gab es ein Förderkonzert mit der MSH. Manche dieser gemeinsam geförderten Projekte haben nicht nur national auch international auf Festivals reüssieren können.

Ob man jetzt nicht nur so gemeinsam, sondern auch auf dem Papier einer GmbH und der Förderrichtlinien gemeinsam stark ist und dabei auch das richtige Gleichgewicht zwischen Filmförderung als Wirtschaftsförderung und Filmförderung als Förderung eines sich nicht bloß in Geldeinheiten rechnen lassenden Kulturguts wenn nicht erst finden muss, sondern erhält, wird allein die Praxis zeigen. Das Drehbuch ist geschrieben (wenn auch im Detail noch ein paar Szenen fehlen oder nachgebessert werden müssen), jetzt darf man gespannt sein, was für ein „Förderfilm“ daraus wird. Eine Soap-Opera oder doch eher eine „Nouvelle Vague“ für die Filmkunst? Lassen wir uns überraschen – und arbeiten wir an dieser Überraschung mit. (jm)

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