Reich an Talenten: Abschied von Jürgen Prediger

Alle, die auf der Kieler Kulturszene wirklich zu Hause waren, kannten ihn: Jürgen Prediger war stets präsent und gehörte einfach dazu. Er war Fachmann für Bildende Kunst, das hatte er mit Examen gründlich studiert. Er hatte Erfahrungen als Croupier, das hatte er wirklich gelernt. In den ersten Filmen von Lars Büchel oder in Tatort-Folgen machte er als Kleindarsteller eine gute Figur. Mit eigenen Kurzfilmen zum Beispiel „Gefahr im Wald“ oder „Fimmel“ offenbarte er einige Begabung zum lapidaren, trockenen Witz. Auf den Bühnen war er als Statist oder Edelkomparse zu sehen, manchmal sogar als herausragende Gestalt wie beispielsweise als Lord Nelson in der Operette „Lady Hamilton“. Im Extrachor des Opernhauses bewegte er sich ganz selbstverständlich als Sänger. Und als Mitglied der Künstlergruppe Kunst & Streben stand er immer wieder für pfiffige Einfälle, zum Beispiel die, mit penetranten Kartengrüßen an Okwui Enwezor auf die Künstlerliste der documenta 11 zu kommen. Und nebenbei schätzte man ihn als erfahrenen Bootsführer.

So viele Talente Jürgen Prediger in sich vereinigte, auf so viele Berufe konnte er auch verweisen. Und reich an Erlebnissen waren auch die Geschichten, die er jederzeit zum großen Vergnügen erzählen konnte. Sie waren belebt von Hintersinn, von lustvoller Ironie und stets ein bisschen schräg in die Welt gestellt. Jürgen Prediger zu begegnen, bedeutete eigentlich immer, überraschend um eine neue Ecke zu schauen und die Dinge anders zu sehen, als man sie bisher betrachtet hatte. Leichter, heiterer und doch mit tiefem Sinn. Von allen Künsten, die ihm nahe standen, schien ihm auf wundersame Weise die Kunst des Lebens die wichtigste zu sein. Doch Jürgen Prediger starb am vergangenen Wochenende. Er durfte nur 53 Jahre alt werden. (Christoph Munk in den „Kieler Nachrichten“ vom 9.5.2008)

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