55. Internationale Filmfestspiele Berlin - Berlinale 2005Nouvelle Vague AllemandeGespenster (Christoph Petzold, D/F 2004), One Day in Europe (Hannes Stöhr, D/ESP 2005)In Frankreich ist von einer neuen deutschen Welle im Filmschaffen (Nouvelle Vague Allemande) die Rede, die im deutschen Bewusstsein noch gar nicht angekommen ist. Als ein Pate dafür wird Christoph Petzold gesehen, dessen Film Wolfsburg gerade erst den Grimme-Preis gewonnen hat. Auch in Deutschland hat sein Name spätestens seit Die innere Sicherheit (Deutscher Filmpreis 2001) einen sehr guten Klang. Neben Sophie Scholl - Die letzten Tage wurde deshalb Petzolds neuer Film Gespenster im Wettbewerb der Berlinale besonders erwartet. Julia Hummer in Gespenster (Foto: Berlinale) In Petzolds Filmen, so auch hier, wird viel geschwiegen, wenig wird mit Worten erklärt, die Dialoge wirken reduziert. Es soll mehr gezeigt werden, wie es ist und nicht so sehr warum. Die vielen Leerstellen, nicht zu Ende erzählten Geschichten kann der Zuschauer selbst füllen. Oder auch nicht: Erklärungen oder Lösungsmodelle anzubieten ist nicht die Sache Petzolds. Eher schon das stumme Eingeständnis der Verlorenheit seiner Individuen. Wie schon in Wolfsburg sind auch hier die Personen durch eine Zurückgezogenheit in sich selbst gekennzeichnet, unter der sie leiden und aus der sie ausbrechen wollen, letztlich aber nicht können. In einer städtischen Naturlandschaft spielt sich ein leises, handlungsarmes Drama von Vereinsamung, Hoffnung und Vergeblichkeit ab. Am Ende ist jeder wieder allein. One Day in Europe (Szenenfoto: Berlinale) In allen vier Geschichten müssen Ausländer mit den fremden Gegebenheiten zu Recht kommen. Und es zeigt sich, dass das europäische Verständnis funktioniert, hinweg über alle kulturellen Unterschiede und babylonischen Sprachschwierigkeiten. Wobei die türkische Episode am meisten erheitert. Der Berliner Student Rokko fingiert einen Gepäckdiebstahl, um seine Rückreise aus dem Versicherungserlös zu finanzieren, und stößt dabei auf einen perfekt schwäbelnden türkischen Taxifahrer (Erdal Yildiz), der misstrauisch das falsche Spiel zu enttarnen droht, und eine genervte Polizei, bei der solche leicht zu durchschauenden, kleinkriminellen Manöver offensichtlich zum leidgeprüften Alltag gehören und die mit bürokratischer Dickköpfigkeit dagegenhält. Durch diese Hindernisse gerät Rokko (bravourös gespielt von Florian Lukas) ziemlich schnell ins Schwitzen und ist fast überfordert. Über allen Schwierigkeiten jedoch thront natürlich König Fußball und stiftet europäische Identität, selbst oder gerade in der Türkei. (Helmut Schulzeck) |