49. Nordische Filmtage Lübeck

Totlachtränen für eine Leiche

„Bis zum Ellenbogen“ (Justus von Dohnányi, D 2006)

„Schwarzgeld stinkt nicht, Sven schon“, titelt der Trailer zu Justus von Dohnányis wahrscheinlich Erfolgs-Komödie um ein ungleiches Comedy-Paar (Jan Josef Liefers als semi-erfolgreicher Insolvenz-Resteverwerter Achim und Stefan Kurt als Willi, „Betriebssystem Hartz IV.2.0“). Der Dritte im Bunde ist ein Toter: Sven (Justus von Dohnányi), der auf der zufallsbekannten Schweizer Alm mit all ihren Ein- und Unfällen einem solchen zum Opfer fällt: Willis elektro-gerösteter Gurke. Allein, der Urlauber hat auf Sylt, nah am „Ellenbogen“, den Schlüssel zu einer Schwarzgeldbank, und so entschließen sich Achim und Willi zu einem Mitnahmeeffekt samt Leiche.

Kein Requiem auf das todbringende System: Jan Josef Liefers und Stefan Kurt in „Bis zum Ellenbogen“ (Foto: NFL)

So angenehm absurd die Story von Regisseur und Drehbuchautor und Nebendarsteller in Leichenschmauspositur Dohnányi scheint, so wenig wird sie dem absurden Setting gerecht – außer wenn die Groteske sich selbst überholt. Was man mit einer Leiche alles machen kann, was ihr an zu Lachtränen reizenden (Un-) Gefährnissen alles widerfahren kann, das dekliniert die Komödie durch: erbarmungs- und zuweilen auch geschmacklos. Sven, der Tote aus unglücklichem Zufall, stürzt beim automobilen Bremsmanöver an den nächsten Baum und verliert dabei auch noch die letzten Zähne dieser zahnlosen Komödie. Sven mit Domestos im bereits leichen-stinkigen Bauch ejakuliert jenen Schaum, der mehr Schall als Rauch ist. Sven, das Residuum einer gut gemeinten Erzählung, in Leichenstarre.

Man lacht sich freilich tot ob all der Unfälle, die einer aus der Schweiz bis zum Syltschen Ellenbogen transportierten Leiche noch so passieren können. Auch nach dem Ableben bietet das Leben allerlei tragikomische Ein- und Ausfälle. Allein: Was soll uns das sagen? Vielleicht Willis Sottisen vom Kapitalismus, der selbst noch Leichen Geschäfte und Aktienkurse abgewinnt? Oder Achims „Ratio“ eines Pleitegeiers? Liefers und Kurt sind groß, sehr groß in ihren Rollen. Doch der Film ist weitaus kleiner, amüsiert mehr als dass er analysiert, was als Analyse eines Systems immerhin im Drehbuch angelegt ist: Noch im Tode sind wir vom „Humankapital“ umfangen. Das verblasst allerdings so schnell wie das vermeintliche Happy End eines Road-Movies, das eben nur die Lach-, aber nicht die Sachgeschichten erzählt.

Sowas gehört in die gelbe Tonne wie Svens Leiche. Mission Recycling-Reanimating impossible. Außer für einen Humor, der amorpher Humus ist. Totlachen ad excessum – kein Requiem auf die Zumutungen der Verhältnisse. (jm)

Bis zum Ellenbogen, D 2006, 35 mm, 84 Min. Buch und Regie: Justus von Dohnányi, Kamera: Matthias Schellenberg, Schnitt: Steven Wilhelm, Darsteller: Jan Josef Liefers, Stefan Kurt, Justus von Dohnányi, Produktion: element e, Website: www.bis-zum-ellenbogen.de.

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